25 Jahre GKK

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25 Jahre Gemeinschaft Krefelder Künstler e.V.
von Christian Krausch

„Die Künste sind in Zeiten des Zweifels und des Umbruchs zwar nicht das einzige aber ein wichtiges Mittel, eine bedeutsame Möglichkeit, den Menschen zum Sinn seines Lebens zu führen. Unter dieser Überschrift sollte auch weiterhin die Förderung Krefelder Künstler gesehen werden.“ So lautet der Eintrag von Oberbürgermeister Dieter Pützhofen am 9. Dezember 1983 in das Gästebuch der GKK. Die Zeilen zeugen von der Anteilnahme an einer sich rasch entwickelnden Künstlergemeinschaft, die sich bis heute durch den Einsatz und das Engagement Vieler über Höhen und Tiefen zu einer klaren Instanz in der Krefelder Kunstszene entwickelt hat. 25 Jahre im vergangenen Millenniumsjahr geben Anlass genug für einen kleinen Rückblick, der ihre Genese anhand verschiedener Stationen beleuchten will, ohne dabei sämtliche Aktivitäten genauestens zu dokumentieren. Vielmehr soll ein Gesamteindruck der zahlreichen Aktionen vermittelt werden, der die Bedeutung der GKK und ihren Stellenwert in Krefeld verdeutlicht.


Die Gemeinschaft Krefelder Künstler, GKK, ist für Krefeld seit Jahren ein feststehender Begriff. Bereits im Oktober 1975 formieren sich auf die Idee und Initiative von Paul Kamper verschiedene Künstler zu einer Arbeitsgruppe, die als wichtigstes Kriterium die Herauslösung aus bisher praktizierter KunstIsolation anstrebt. „Fern von jeglichem musealen Weihrauch“ agieren zu wollen, zitiert die Westdeutsche Zeitung am 14.Oktober 1975 den damaligen Vorsitzenden Kamper, der damit einen hintergründigen Wunsch und zugleich das Bestreben nach Produktivität zum Ausdruck bringt. Der Gedanke, die Kräfte und Interessen der einzelnen Künstler zu bündeln und sie damit solidarisch zu aktivieren, stößt bei allen daran Beteiligten auf ein positives Echo. Zwei Monate später, am 5. Dezember 1975 kommt es zur Vereinsgründung und Namensfindung Gemeinschaft Krefelder Künstler, deren weitere Ziele gemäß § 1.6 der Satzung lauten: „Präsentation des gegenwärtigen Schaffens der in Krefeld tätigen bildenden Künstler, das in geeigneter Form dem Publikum zur Diskussion gestellt wird. Außerdem vermittelt der Verein der Öffentlichkeit Kontakte mit außerörtlichen Künstlergruppierungen, die er in Krefeld präsentiert.“ Geplant ist folglich ein gegenseitiger künstlerischer Austausch sowie die Pflege von Außenkontakten zur Krefelder Öffentlichkeit und darüber hinaus.


Mehrere Jahre schließen sich an, in denen die GKK durch verschiedene Aktionen die Umsetzung ihrer Ziele verfolgt. Die im Stadtarchiv geführte Sammlung von Pressestimmen wie auch die im Archiv der GKK gesammelten Materialien informieren ausführlich über die regelmäßigen Ausstellungen im Haus Greiffenhorst sowie im Seidenweberhaus im Zeitraum von 1976 bis 1982. Auch wenn diese in Ermangelung eigener Räume unter semiprofessionellen Rahmenbedingungen stattfinden müssen, so vermitteln sie dennoch eine anschauliche Übersicht über das künstlerische Schaffen zahlreicher Künstler aus Krefeld. Kleinere Broschüren und Kataloge dieser Zeit erlauben Einblicke auf das Werk verschiedener Mitglieder und tragen dazu bei, das anvisierte Ziel einer breiten Öffentlichkeit zu untermauern.[1]

Haus GreiffenhorstAbb. 1. Katalogcover zur Ausstellung der GKK im Haus Greiffenhorst 1982

Die Zeitungen berichten weiter über Höhen und Tiefen der GKK, über die Vorteile wie auch die Schwierigkeiten innerhalb einer ständig wechselnden Gemeinschaft von Künstlern. So kommt es 1981 durch Meinungsverschiedenheiten zum Rücktritt von Paul Kamper und damit verbunden beinah zur Auflösung der Gruppe, deren Mitgliederzahl auf 14 abgesunken ist. Gleichzeitig aber bietet sich hier die Gelegenheit zu einem Neuanfang mit einem neu gewählten Vorstand, der sich engagiert den Problemen stellt und darüber hinaus verstärkt Kontakte über die Stadtgrenzen hinaus forciert. Eine Folge davon ist eine größere Publizität und die daraus resultierende weitere Akzeptanz der Künstlergemeinschaft, die, wie einzelne Pressestimmen zeigen, anfänglich nicht uneingeschränkt gewährleistet ist.[2] So bietet sich die Möglichkeit einer Gruppenausstellung im Kaiser-Wilhelm-Museum beispielsweise erst 1983, als die GKK unter dem Titel „Farbe bekennen“ einen Überblick über ihren künstlerischen Stellenwert präsentiert. Lange Verhandlungen und zähe Auseinandersetzungen sind nötig, um die von der damaligen Museumsleitung gesteckten hohen Hürden zu meistern, die das internationale Renommee des Hauses wahren sollen.[3]


Kunst-Spektrum

1983 ist auch das Jahr, in dem sich der lang gehegte Wunsch der GKK nach einer eigenen Ausstellungsplattform verwirklicht. Am 14. September berichten RP und WZ vom Bezug der Erdgeschossräume des städtischen Hauses St.-Anton-Straße 90, in dem ehemals die Familienhilfe bzw. die Buchhandlung Mainz untergebracht waren. „Für das Objekt, das der Gemeinschaft bei ihrer letzten großen Ausstellung im Haus Greiffenhorst über Oberbürgermeister Dieter Pützhofen angeboten wurde, sprechen – so [der damalige] Vorsitzende Eberhard Gollner – vor allem die Nähe zu Kunstverein und Kaiser-Wilhelm-Museum, aber auch die optische Präsenz im Stadtbild durch das große Schaufenster.“[4]

Zeitungsartikel
Abb. 2. Zeitungsartikel RP vom 14.9.83

Mit großem Einsatz und Engagement werden die beiden Räume von den Mitgliedern der GKK für Ausstellungszwecke hergerichtet und am 17. September im Rahmen der Eröffnungsausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt. 22 Arbeiten aller damaligen inzwischen wieder 22 Mitglieder bieten ein Spektrum unterschiedlichster Kunstauffassungen, die, wie in der Satzung verbürgt, einem interessierten Publikum nunmehr im eigenen Haus zur Diskussion gestellt werden können.


Mit den Räumen auf der St.-Anton-Straße ist die GKK in der glücklichen Lage, ihr Repertoire an Aktivitäten zu erweitern. Unabhängig von den Einschränkungen fremder Ausstellungsorte kann sich das Programm zügig entfalten und die Institution dadurch zusehends einen festen Punkt im Kunstgeschehen der Stadt Krefeld markieren. Anerkennung spiegelt sich nicht allein in der finanziellen Unterstützung durch die Sparkasse Krefeld, die 1983 eine Grundausstattung an Rahmen und Vitrinen ermöglicht, sondern auch im großen Besucherzustrom, den die GKK bis heute verzeichnen kann. Rund 140 Einzel- und Gruppenausstellungen der Mitglieder lassen sich bis zum Jahr 2001 belegen, darunter einige an ein Thema gebundene. Schon 1984 gilt so beispielsweise in der ersten Themenausstellung im neuen Domizil das Interesse den „Masken“, die passend zum Karneval vom 17. Februar bis 11. März die Räume erobern. Unter dem Titel „Quadrat – 13 Versuche“ erproben die Vertreter der GKK dann vom 9. Januar bis 1. Februar 1987 erstmals eine künstlerische Annäherung an eine geometrische Form, die ein Jahr später von 10 Künstlern durch „Arbeiten zum Thema Kreis“ eine Fortführung erfährt.[5]

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Abb. 3. Quadrat – 13 Versuche. Blick in die Ausstellung. Foto: Archiv GKK

1990 folgen dann nacheinander vier Ausstellungen zur „Anwesenheit einer Farbe – Blau“[6] , die den einzelnen Mitgliedern die Möglichkeit einer themenbezogenen Selbstdarstellung erlaubt. Weitere Gelegenheiten der Gruppenpräsentation finden sich 1997 bis 1999 in den Sparkassenausstellungen Part 1 bis Part 3, die dazu gedacht sind, eine Gesamtdarstellung aller Mitglieder zu ermöglichen.[7] Qualitativ deutlicher aber gelingt es der GKK bereits vom 8. bis 29. September 1991 durch plastische Arbeiten „Nebenwege“ zu beschreiten, die sich dann vom 20. Januar bis 19. Februar 1995 in der Dunkelausstellung mit Skulpturen zu erlebnisreichen „Tastwegen“ entwickeln. Flankiert durch Lesungen verschiedener Autoren, darunter der blinde Bernd Kebelmann, zeigt sich hier erneut das Geschick der GKK, im kleinen Rahmen ausgefallene Kulturereignisse zu realisieren.[8] Zu diesen zählen überdies die Jubiläumsveranstaltungen, etwa 1993, als das 10-jährige Bestehen des Kunst-Spektrums auf der St.-Anton Straße mit der Verlosung der Editionsmappe „ars multiplicata“ begangen wird (Abb. 4), wie auch das 25-jährige Jubiläum der GKK, das vom 24. November bis 15. Dezember 2000 mit der Ausstellung „Viertel-Kreis“ eine feierliche Würdigung erfährt.

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Abb. 4. Ars Multiplicata 10 Jahre Kunst-Spektrum. Einladungsfolder

Anknüpfend an die Themenausstellungen vergangener Tage, vornehmlich aber im Hinblick auf die Tatsache eines Viertel-Jahrhunderts Ausstellungstätigkeit, erlaubt das Motto „Viertel-Kreis“ unterschiedlichste Annäherungen in künstlerischer Form. Eine Verlosung von 30 quadratischen Kassetten mit je 25 Arbeiten ermöglicht überdies dem Besucher, am Jubiläum aktiv teilzuhaben.


Neben den Ausstellungen aus den eigenen Reihen finden zudem im Laufe der Jahre ca. 20 Künstler und Künstlergruppen aus dem In- und Ausland in den Räumen der GKK ein neues Ausstellungsforum. So ist vom 21. September bis 14. Oktober 1984 als erster auswärtiger Gast die Aachener Gruppe KO 228 im Kunstspektrum mit sieben Künstlern vertreten. Im Gegenzug dazu haben im März/April 1985 14 Künstler aus Krefeld die Gelegenheit, im Atrium am Elisenbrunnen in Aachen ihre Arbeiten zu zeigen. Im selben Jahr ermöglichen die Krefelder mit Andrea Anatas im Rahmen des 2. Galeriensonntages und unter dem Motto „Begegnung mit den Niederlanden“ erstmalig einem niederländischen Kollegen eine Ausstellung im Kunst-Spektrum und bespielen überdies kurze Zeit später mit Künstlern aus Holland den Theaterplatz in Krefeld. „Vier Künstler aus Leiden“[9] finden im Dezember `85 den Weg nach Krefeld und folgen damit einer Gegeneinladung der GKK, die bereits im Mai/Juni des Jahres mit Künstlern aus Oxford in Leiden ihre Arbeiten präsentieren kann.

Vier Künstler aus LeidenAbb. 5. Vier Künstler aus Leiden. 13.12.85 – 5.1.86. Plakat zur Ausstellung

Im Juni 1988 weiten sich die Kontakte bis in die Schweiz aus, von wo Emanuel Gloor und Jean-Jaques Volz als Gast in das Haus auf der St.-Anton-Straße kommen. Vier Monate später bieten vier Künstler aus Regensburg dem staunenden Publikum „Quasare im Geselchtn“ wohingegen ein Jahr danach 14 Mitglieder der Duisburger Sezession die Räume der GKK vom 24. September bis 15. Oktober 1989 unter dem Titel „Idee-Skizze-Zeichnung“ beleben. Im Juni/Oktober 1993 folgen mit Solveig K. Bolduan und E.R.N.A. zwei Künstlerinnen aus dem Brandenburgischen Verband Bildender Künstler der Einladung nach Krefeld, zwei Jahre später gefolgt von Jan Peter Fluck aus der Schweiz. „Kunst grenzenlos“ lautet vom 12. Januar bis 4. Februar 1996 der Ausstellungstitel der Gäste aus Meerbusch, die bereits im Oktober 1994 Künstlern aus Krefeld in der Meerbuscher Teloy-Mühle eine Präsentationsgelegenheit bieten. Darüber hinaus wachsen die Kontakte zum fernen Ausland, nach Charlotte/USA und nach Magliaso ins Tessin. Nach dem Besuch in Limburg 1985 sind überdies schon 1988 fünf Krefelder Künstler als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Ausstellung „Landschaften und Stillleben“ auf Schloss Arcen in Limburg vertreten. Das sich 1996 anschließende Künstleraustausch-Projekt Roermond/Krefeld zählt dann zu den ersten Höhepunkten der Bestrebungen nach gegenseitigem Austausch und Öffentlichkeitsarbeit, da mit dieser Aktion ein großer kultureller Bogen über die Grenzen hinweg zum Nachbarn gespannt werden kann. Unter dem Titel Part 1 und Part 2 zeigen im April/Mai nacheinander Vertreter aus Krefeld in der Roermonder Kunstinitiatief L5 ihre Arbeiten, wohingegen als Part 3 vom 8. bis 29. September 1996 Gäste aus Roermond mit ihren Arbeiten das Kunstspektrum erobern.

Künstleraustausch-ProjektAbb. 6. Part 1/2/3 Künstleraustausch-Projekt Roermond/Krefeld 1996. Katalogcover

Flankierend zur großen Ausstellung „Onder den Oranje boom“ im Kaiser-Wilhelm-Museum veranstalten die Krefelder und Roermonder Künstler im April/Mai 1999 unter dem Titel „Überschreitungen/Overschrijdingen“ zwei weitere Präsentationen ihrer Arbeiten, die den künstlerischen Dialog zwischen den befreundeten Städten erneut dokumentieren. Anders aber als 1996 liegt der Reiz dieser Aktionen in der unmittelbaren Vergleichsmöglichkeit deutscher und niederländischer Arbeiten, die sich nebeneinander in den Häusern der Kunstinitiatief L5 wie auch der GKK der Öffentlichkeit stellen.[10] Anfang 2000 beteiligen sich schließlich zahlreiche Künstler der GKK an dem gemeinschaftlichen Ausstellungsprojekt des Kulturamtes Krefeld und der De Montfort University in der Partnerstadt Leicester, bei dem 14 Künstler aus Krefeld vom 13. Februar an mit ihren Werken im New Walk Museum vertreten sind. Im Gegenzug dazu präsentiert Alan Welsford als einer von vier Künstlern aus Leicester einen Monat später seine Malerei im Haus auf der St.-Anton-Straße, wohingegen drei weitere Künstler der Partnerstadt im Kunstverein sowie den Galerien Meta Weber und Christian Fochem eine Ausstellungsplattform finden. Dieses von der heimischen Presse ausführlich verfolgte Künstleraustauschprojekt zwischen Leicester und Krefeld [11] bekräftigt erneut den von der GKK formulierten Willen nach Verbindung, Begegnung und einem Austausch von Kunst, die, wie Dieter Pützhofen im Folder zur Ausstellung erkennt, „… gleichermaßen den Intellekt wie das Gefühl anspricht, immer ästhetisch und oftmals politisch Stellung bezieht […] und [überdies] das Von- und Miteinanderlernen über alle Sprachbarrieren hinaus fördert.“

Kunstaustausch
Abb. 7. Kunstaustausch Leicester / Krefeld 2000. Einladungsfolder


Kunst in Krefeld

Doch damit nicht genug. Seit 1984, dem ersten Jahr nach Bezug der Räume des Kunst-Spektrums beteiligt sich die GKK mit Aktionen oder Ausstellungen am Krefelder Galeriensonntag. In der Regel werden, wie bereits gezeigt, Gäste aus anderen Städten oder Ländern nach Krefeld geladen, die an den weit über die Grenzen von Krefeld hinaus bekannten „Volkswandertag in Sachen Kunst“ partizipieren. Mehrere Galerien und weitere Kulturinstitute beteiligen sich an diesem Projekt, das im Laufe der Jahre zu einer von der Bevölkerung stark frequentierten und honorierten Einrichtung geworden ist.[12] Von wenigen Ausnahmen abgesehen, verzichten die Mitglieder der GKK zu diesem Zeitpunkt auf eine Präsentation eigener Arbeiten, um den geladenen Künstlern die Möglichkeit an der Teilnahme eines internationalen Forums zu ermöglichen. Beispielsweise finden sich im Jahr 2000 die unter dem Motto „Hautnah“ ins Kunst-Spektrum geladenen Vertreter des BBK-Heidelberg in guter Gesellschaft zu William N. Copley, Gloria Friedmann, Bechtold, Förg, Knoebel und Uecker, deren Arbeiten zeitgleich an anderen Stellen in der Stadt gezeigt werden.


Nur wenige Male nutzen die Initiatoren der GKK das Wochenende des Galeriensonntages für eigene Zwecke. So veranstalten sie mit anderen Galeristen am 10. November 1984, flankierend zur Ausstellung „Ein Jahr Kunstspektrum“ unter dem Motto „Dreh dich nicht um, die Kunst geht um“ eine Plakatwand-Malaktion, bei der durch 12 große Plakatwände an der Loh-/ Ecke Peterstraße für 14 Tage nicht Konsum-, sondern Kunstbedürfnisse geweckt werden sollen. Auch wenn der gewählte Termin (Volkstrauertag) zu vereinzelten Unstimmigkeiten führt,[13] ist mit dieser Aktion der Grundstock für weitere, über die Räumlichkeiten hinausreichende Veranstaltungen gelegt.

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Abb. 8. Kunst in Krefeld 1984. Plakatmalaktion . Foto: Axel Gayk

Zumindest die Mitglieder der GKK initiieren mehrere Kunstmaßnahmen auf öffentlichen Plätzen der Stadt Krefeld, die, wie beispielsweise die der „Fallstudie Bahnhofsvorplatz“ mit niederländischen Gästen im November 1985, Happening-Charakter erreicht. Die in „die Heimat“ Jg. 58/1987 nachträglich ausführlich dokumentierte Veranstaltung widmet sich auf Großfotos mal ironisch, mal kritisch dem seinerzeit entstandenen „Inselarchipel“ vor dem Krefelder Hauptbahnhof auf bildnerische Weise. „Standpunkte“ beziehen die Künstler kurze Zeit davor schon auf dem Theaterplatz, wo abermals mit holländischen Kollegen als „work in progress“ künstlerische Positionen vor den Augen der Betrachter entstehen.[14] Ein Jahr später treten die Mitglieder der GKK anlässlich des Galerien-Sonntages am 13. September 1986 auf dem Schwanenmarkt mit der Aktion DENKMAL an die Öffentlichkeit, bei der die Künstler abermals den unmittelbaren Dialog mit der Bevölkerung suchen.[15] 1987 wiederum entstehen um die ehemaligen Rudimente der de-Greiff-Säule auf dem Platz vor der Dionysiuskirche zahlreiche „Stadtansichten“, die die Besucher dieses Galeriensonntages in ihrem Parcours zwischen den Galerien immer wieder innehalten lassen.

StadtansichtenAbb. 9. Stadtansichten. Aktion der GKK an der de-Greiff-Säule 1987. Foto: Archiv GKK

Danach wird am 3. September 1988 „Der Ostwall als Kunst-Wall“ zum Thema der GKK, die Ideen und Vorschläge zur künstlerischen Gestaltung erst vor Ort präsentiert und anschließend vom 4. bis 18. September im Kunst-Spektrum zeigt. Unvermindert ist der Krefelder Galeriensonntag bis heute Magnet für ein breites kunstinteressiertes Publikum und hat, auch wenn die Zeit der spektakulären öffentlichen Aktionen momentan zur Ruhe gekommen ist, nichts von seiner Attraktivität verloren.

 


Artothek

Wenngleich sich auch die Menge der Aktionen vor Ort verringert, so verliert dennoch die GKK niemals den unmittelbaren Kontakt zur Bevölkerung. Eher gegenteilig gelingt es, durch die Einrichtung einer Artothek die Summe der direkten Kunstkontakte zu vervielfachen. Schon am 18. Februar 1989 findet sich eine kurze Pressenotiz der RP, die über den Wunsch der GKK eines „Kunst-Verleihs“ berichtet, wobei die Standortfrage wie auch die Trägerschaft vorerst ungeklärt bleiben.[16] Am 23. Juni 1991 sind diese Fragen geklärt, sodass auf der ersten Etage des Hauses auf der St.-Anton-Straße 90 die Artohek in Zusammenarbeit mit der Stadt Krefeld eröffnet werden kann.

St.-Anton-StraßeAbb. 10. Das Haus der GKK auf der St.-Anton-Straße mit Artothek. Foto: Anne Kurth

Die Idee, gegen eine geringe Gebühr ein Original zu leihen, findet spontan großen Zuspruch, wie die ständig wachsende Frequenz der Ausleihen belegt. Die Artothek verfügt inzwischen über 650 Arbeiten, die von mehr als siebzig Künstlern unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Durch die Öffnung der Artothek für Künstler, die nicht der Gemeinschaft beitreten wollen, beweist die GKK erneut ihre Bereitschaft zu künstlerischer Kooperation. Unter dem Slogan „Nimm ein Original mit“ wird hier der Kunst der Weg zu einer breiten Öffentlichkeit ermöglicht, das heißt zu all denjenigen, die am Kunstgeschehen der Stadt Krefeld, insbesondere am Werk der GKK teilhaben wollen. Allein dadurch ist die Artothek für Krefeld inzwischen unentbehrlich. Darüber hinaus ermöglichen die seit kurzer Zeit eingerichteten Kabinettausstellungen innerhalb der Räume auf der ersten Etage den Mitgliedern unter dem Titel „3×3“ eine kleine zusätzliche Ausstellungsplattform. In Anlehnung an die Tradition der Jubiläumsfeste wird das 10-jährige Bestehen der Artothek im Jahr 2001 mit einer großen Veranstaltung gefeiert, nachdem bereits am 15. August 1997 nach sechs Jahren ein „Tapetenwechsel“ vorgenommen wird. Um die Attraktivität der Artothek zu steigern tauschen an diesem Tag zahlreiche Künstler ihre Arbeiten gegen neue aus, was seinen Niederschlag in der Zahl der Ausleihen findet. Sind es bis zu diesem Zeitpunkt rund 600 Arbeiten, die jährlich ausgeliehen werden, so lassen sich schon 1999 über 1.000 Bewegungen verzeichnen. Und die Tendenz steigt.

Artothek
Abb. 11. Blick in die Artothek Krefeld. Foto: Theo Windges


Der Rückblick auf 25 Jahre GKK zeigt das breit gestreute Spektrum an Aktionen einer Künstlergemeinschaft, die durch den Einsatz vieler Beteiligter aus den eigenen Reihen sowie unter dem langjährigen Vorstand von Peter M. Heeser, K.A. Janßen, Martin R. Becker, Anne Kurth und Hans Dieter Mathey sowie den Beisitzern Theo Windges, Klaus Peter Noever und (jüngst) Jürgen Drewer das kulturelle Leben der Stadt Krefeld entscheidend mitprägen. Der Rückblick gewährt überdies durch das Studium von Zeitungsartikeln, Katalogtexten, Fotodokumentationen und Eintragungen in die Gästebücher Einblicke in das Schaffen der inzwischen über 40 Mitglieder der Gemeinschaft. Kaum lassen sich hier Übereinstimmungen zwischen den einzelnen künstlerischen Ausdrucksformen finden – zu weitgespannt und vielfältig ist der Bogen der verschiedenen angebotenen Themen und eingesetzten Techniken. Der Vergleich zu einer Bibliothek stellt sich ein, in der unter einem Dach die unterschiedlichsten Bereiche miteinander vereint sind. Wie jedes Buch eine eigene Form hat, eine eigene Gestalt, mal dick und schwer, mal dünn und leicht, als großer Foliant in Erscheinung tritt, oder als zierliches Heft auf sich aufmerksam macht und vor allen Dingen seinen ganz eigenen Inhalt beherbergt, so zeugen auch die Arbeiten der verschiedenen GKK-Mitglieder von ganz speziellen und individuellen Geschichten. Diese Geschichten spielen sich, wie gezeigt, auf den öffentlichen Plätzen der Stadt Krefeld ab, an auswärtigen Orten, von denen ein jeder Künstler überdies zahlreiche im Rahmen von Einzelausstellungen unabhängig von der GKK nachweisen kann, sowie immer wieder im Kunst-Spektrum auf der St.-Anton-Straße. Hier kann seit 1998, neben den Erdgeschossräumen und der Artothek auf der ersten Etage, auch ein weiteres Geschoss für Ausstellungen genutzt werden, wiewohl schon 1995 das unrenovierte Dachgeschoss künstlerisch einbezogen wird. Unter dem Motto „Präludium. Kunst im Oberhaus“ inszenieren die Mitglieder der GKK vom 10. November bis 9. Dezember 1995 eine die Situation erfassende raumbezogene Ausstellung mit Verlosung, deren Einnahmen der Renovierung des Hauses dienen. Darüber hinaus ist die Einrichtung eines repräsentativen Archivs für regionale Kunst im Dachgeschoss des Kunst-Spektrums geplant.


Die Vielfalt der Techniken und Ausdrucksweisen der einzelnen Künstlerinnen und Künstler der GKK steht stellvertretend für die Vielfalt künstlerischer Produktion in Krefeld. Sie ist es, die das kulturelle Leben und damit das Gesicht der Stadt nicht nur jetzt, sondern seit vielen Jahren über die Grenzen hinaus kontinuierlich mitprägt. Eine Fortsetzung dieser Entwicklung ist wünschenswert. Allein der Mitgliederzuwachs der GKK lässt hoffen.


[ 1 ] Vgl. auch folgende Worte von Helmut Meder, dem damaligen 2. Vorsitzenden, in der Broschüre der GKK zur Jahresausstellung 1980: „Um die gestalterische Potenz in unserer Vaterstadt Krefeld Interessierten, den Kulturverantwortlichen und überhaupt dem Publikum vor Augen zu führen, wurde die Gemeinschaft Krefelder Künstler e.V. gegründet. Als beständig wachsender Verein bemüht sie sich, die Belange der Künstlerschaft vor der Öffentlichkeit, den Parteien, der Kulturverwaltung darzustellen und Arbeitsfelder für die Künstler zu erschließen.“
[ 2 ] Die RP berichtet beispielsweise am 25. Februar 1981 davon, wie die ursprünglich durch die GKK organisierten Künstlergespräche erst in privaten Räumen, dann in denen des Kunstvereins, eigenmächtig von der VHS und dem Kunstverein übernommen werden und durch die Möglichkeit der Zahlung eines Honorars unweigerlich die „Schaffung von zwei Künstlerkategorien“ (Kamper) entsteht.
[ 3 ] Vgl. RP vom 21. Januar 1982
[ 4 ] RP vom 14. September 1983
[ 5 ] Unter der Überschrift „Der Kreis engt ein“ gibt Egon Kuhn in der WZ vom 14.1.88 die „Gefahr von Ausstellungen zu Scheinthemen [zu bedenken], die nichts festlegen, die jedem ermöglichen, im Repertoire seiner künstlerischen Tätigkeit wenigstens ein ‚ teilnahmefähiges‘ Teil zu finden.“ H.A.N. von der RP, 13.1.88 spricht indessen von einer „von vielen Aspekten her sehenswerten Ausstellung“.
[ 6 ] BLAU. Anwesenheit einer Farbe. Teil 1: 27.04 – 20.05.; Teil 2: 25.05. – 17.06.; Teil 3: 10.08. – 2.09.; Teil 4: 14.09. – 7.10.90
[ 7 ] Jede Ausstellung ist durch eine Broschüre dokumentiert. Eine vierte Ausstellung, Part 4, steht noch aus.
[ 8 ] Texte zur Ausstellung von Bernd Kebelmann finden sich im entsprechenden Katalog „Tastwege“, Hsg. GKK 1995
[ 9 ] „Vier Künstler aus Leiden“ vom 13.12.85 bis 5.1.86 ist die zweite Ausstellung unter dem übergreifenden Motto „Begegnung mit den Niederlanden“.
[ 10 ] Auch zu diesem Projekt liegt ein Katalog vor, der die einzelnen Stationen im Bild und Wort dokumentiert.
[ 11 ] Vgl.: RP vom 16.02.00 und 19.02.00; WZ vom 14.02.00 und 19.02.00.
[ 12 ] Wie die WZ vom 19.11.84 (Kunst störte Ordnungshüter) und vom 18.10.85 unter dem Titel „Wie die Jünger am Ölberg, die auf die Kohorten warten“ zu berichten weiß, sind die Galerientage anfänglich von einem „Damoklesschwert“ bedroht, da das Ordnungsamt den Sonntag nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf von Kunst sehen will. Durch die Einholung von Sondergenehmigungen kann diese Problematik beseitigt werden.
[ 13 ] Vgl.: „Kunst störte die Ordnungshüter. Aktion der Galerien wegen des Volkstrauertages unerwünscht?“, WZ vom 19.11.84; „Galerien wählten unglücklichen Tag. Ordnungsamt beklagt fehlende Kommunikation/Furcht vor Lächerlichkeit“, WZ vom 21.11.84; „Nun sind Krefeld’s Galeristen sauer“, Stadtanzeiger vom 21.11.84.
[ 14 ] Die Aktion „Standpunkte“ vom 26.10.85 wird im Rahmen einer Fotodokumentation vom 22.11. bis 8.12.85 in den Räumen der GKK gezeigt. Auf diese Weise entsteht eine Art Menu, das die verschiedenen Aktivitäten zusammenfasst.
[ 15 ] Auch dieser Veranstaltung folgen später eine Präsentation der erstellten Arbeiten im Kunstspektrum sowie eine Katalogdokumentation, was die Vorliebe der GKK für „Gesamtkunstwerke“ erneut erkennen lässt.
[ 16 ] Krefelder Artothek „Fritz-Huhnen-Haus“. RP vom 18.2.89